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Das Biebricher Schloss

Das Biebricher Schloss stellt unbestritten die größte Sehenswürdigkeit Biebrichs dar. Der prachtvolle dreiflügelige Barockbau beeindruckt nicht nur durch seine Architektur, sondern auch durch seine Lage direkt am Rheinufer sowie den weitläufigen Schlosspark. Über mehrere Jahrzehnte fungierte das Biebricher Schloss als Hauptresidenz der Fürsten und späteren Herzöge von Nassau und nach der Fertigstellung des Stadtschlosses in Wiesbaden als deren Sommerresidenz.

Das Biebricher Schloss (Januar 2006)
Das Biebricher Schloss (Januar 2006)
Der Westpavillon des Biebricher Schlosses (März 2008)
Der Westpavillon des Biebricher Schlosses (März 2008)

Als Graf Georg August Samuel von Nassau-Idstein im Jahre 1688 zum Fürsten ernannt worden war, wuchs bei ihm der Wunsch nach einem standesgemäßen Repräsentationsbau. Sein Residenzschloss in Idstein (im Taunus) genügte ihm nicht mehr, es zog ihn in das Rheintal nach Wiesbaden und schließlich nach Biebrich. Dort ließ er in unmittelbarer Nähe zum Rheinufer zunächst einen Barockgarten nach französischem Vorbild anlegen. Des Weiteren wurde an der Uferböschung ein Gartenhäuschen errichtet. Dieses wurde vom Barockarchitekten Julius Ludwig Rothweil zu einem schmucken Pavillon um- und ausgebaut (heutiger Westpavillon). Dieses im Jahre 1702 fertiggestellte Gebäude gab dem gesamten weiteren Schlossbild sein Aussehen vor.

Nur vier Jahre später wurde in einer Entfernung von nur 86 m ebenfalls direkt an der Uferböschung der Ostpavillon vollendet, der ein genaues Abbild des Westpavillons ist. Während der Westpavillon dem Fürsten und seinem Gefolge vorbehalten war, diente der Ostpavillon seiner Gemahlin.

Der Ostpavillon des Biebricher Schlosses (März 2008)
Der Ostpavillon des Biebricher Schlosses (März 2008)

Fürst Georg August Samuel traf bereits im Jahre 1707 eine für die weitere Entwicklung des Biebricher Schlosses wichtige Entscheidung, nämlich der Erweiterung zum Lustschloss. Dies machte es vor allem notwendig, geeignete Festräumlichkeiten zu errichten. Der damit beauftragte Barockarchitekt Johann Maximilian von Welsch verband daher die beiden Pavillons mit einer Galerie und errichtete genau in deren Mitte einen kreisförmigen Festsaal. Diese im Jahre 1721 fertiggestellte Rotunde gibt dem Biebricher Schloss sein unverwechselbares Erscheinungsbild. Der formvollendete Rundbau wird durch mächtige Pilaster gegliedert und von Götterfiguren gekrönt. Im Untergeschoss befand sich eine Kapelle.

Die Rotunde zwischen den Galerien des Biebricher Schlosses (August 2007)
Die Rotunde zwischen den Galerien des Biebricher Schlosses (August 2007)
Das Deckenfresko in der Rotunde des Biebricher Schlosses (November 2007)
Das Deckenfresko in der Rotunde des Biebricher Schlosses (November 2007)

Der zylindrische Rundbau ist der kostbarste Innenraum des Biebricher Schlosses, wobei zahlreiche bauliche Veränderungen den ursprünglich barocken Charakter zurückgedrängt haben. So wurde beispielsweise das barocke Deckenfresko „Die Aufnahme des Aeneas in den Olymp“ Anfang des 19. Jahrhunderts übermalt, im Rahmen von Restaurierungsarbeiten im Jahre 1980 aber wieder freigelegt. Symbolisch steht es für die Erhebung von Georg August Samuel vom Grafen zum Fürsten von Nassau.

Der Ostflügel des Biebricher Schlosses (September 2007)
Der Ostflügel des Biebricher Schlosses (September 2007)

Doch zurück zur Baugeschichte des Schlosses: Nachdem durch den Tod Georg August Samuels das Haus Nassau-Idstein erloschen war und der weitere Baufortschritt dadurch ins Stocken geraten war, gelangte das Biebricher Schloss in den Besitz der Usinger Linie der Nassauer. Fürst Karl von Nassau-Usingen beschloss nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1734, seine ständige Residenz nach Biebrich zu verlegen. Ein solcher Wohn- und Regierungssitz verlangte nach weiteren Räumlichkeiten, so dass der Barockbaumeister Friedrich Joachim Michael Stengel beauftragt wurde, einen Flügelanbau zu errichten (heutiger Ostflügel). Damit zeichnete sich die Entwicklung zur repräsentativen Dreiflügelanlage ab.

Der Westflügel des Biebricher Schlosses (Oktober 2005)
Der Westflügel des Biebricher Schlosses (Oktober 2005)

Bereits drei Jahre nach Vollendung dieses Flügels, der vornehmlich Wohnräume für die Fürstin enthielt, begann im Jahre 1740 derselbe Baumeister mit dem Bau des Westflügels, welcher symmetrisch zum Ostflügel angeordnet wurde, allerdings breiter ist. Dieser Anbau, auch „Winterbau“ genannt, sollte als Wohnbereich des Fürsten fungieren.

Die Rotunde mit der Freitreppe des Biebricher Schlosses (August 2007)
Die Rotunde mit der Freitreppe des Biebricher Schlosses (August 2007)

Mit dem Westflügel war das Biebricher Schloss fertiggestellt, allerdings dauerte die Innengestaltung des Westflügels noch bis zum Jahre 1750 an (und fiel damit schon in die Zeit des Rokoko), so dass die Gesamtbauzeit des Schlosses rund ein halbes Jahrhundert betrug. In der Folgezeit kam es lediglich zu kleineren baulichen Veränderungen oder Ergänzungen, so wurde beispielsweise im Jahre 1824 die große Freitreppe an der Rheinseite errichtet.

Götterfigur auf der Rotunde des Biebricher Schlosses (August 2007)
Götterfigur auf der Rotunde des Biebricher Schlosses (August 2007)

Nahezu über ein Jahrhundert (von 1744 bis 1841) war das Biebricher Schloss Hauptresidenz der nassauischen Fürsten und Herzöge. Als das Stadtschloss in Wiesbaden fertiggestellt war, verlegte Herzog Adolph von Nassau seine Residenz dorthin. Entscheidend für diese Sitzverlegung war das durch das Zeitalter der Aufklärung hervorgerufene Verlangen der Herrscher, nunmehr mitten unter ihren Bürgern zu wohnen. Herzog Adolph bewohnte das Stadtschloss jedoch nur in den Wintermonaten, bis in das Jahr 1866 diente das Biebricher Schloss als herzogliche Sommerresidenz. Einen weiteren Bedeutungsverlust musste das Schloss im besagten Jahre 1866 hinnehmen, als das Herzogtum Nassau durch das Königreich Preußen annektiert wurde und Herzog Adolph ins Exil gehen musste.

Das Biebricher Schloss fiel in einen mehrere Jahrzehnte andauernden Dornröschenschlaf und verwahrloste zusehends. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Ostflügel zerstört und anschließend durch die Stadt Wiesbaden abgebrochen. Im Jahre 1960 war das Schloss so heruntergekommen, dass es den Spottnamen „Rattenburg am Rhein“ erhielt. Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgte eine umfassende Instandsetzung durch das Land Hessen. In den Jahren 1980 bis 1982 wurde der Ostflügel in veränderter Form, spiegelbildlich zum Westflügel, wiederaufgebaut.

Das Biebricher Schloss (Oktober 2005)
Das Biebricher Schloss (Oktober 2005)

Heute stellt das Biebricher Schloss wieder ein echtes Barockjuwel dar. Die Rotunde und die Galerien werden vom Hessischen Ministerpräsidenten für Staatsempfänge genutzt. Außerdem befinden sich mehrere Behörden im Schloss, darunter das Landesamt für Denkmalpflege Hessen und die Filmbewertungsstelle Wiesbaden. Das hier untergebrachte etwas andere Kino „Filme im Schloss“ führt internationale Spitzenfilme in der unverfälschten Originalversion vor. Im Restaurant „Schloss Biebrich“ im Erdgeschoss der Rotunde (frühere Kapelle) kann man sich kulinarisch verwöhnen lassen. Des Weiteren befindet sich im Schloss ein Trausaal des Standesamts Wiesbaden-Biebrich.

Die letzte umfassende Restaurierung der Außenhaut des Biebricher Schlosses erfolgte von 2007 bis 2009. Seit 2011 ist es nach mehreren Jahrzehnten der Sperrung wieder möglich, vom Rheinufer in Höhe der Rotunde direkt zur Freitreppe des Schlosses zu gelangen.

Einen Rundgang um das Schloss sollte man auf keinen Fall versäumen. Bei einem solchen kleinen Spaziergang fällt auf, dass das Schloss auf einem (künstlichen) Geländevorsprung errichtet wurde, der zum Rhein hin stark abfällt und an dieser Stelle durch das Schloss selbst überbrückt wird. Daher wirkt die Rheinseite des Biebricher Schlosses mit seinen drei Geschossen monumentaler als seine Parkseite, welche nur zwei Stockwerke aufweist. Auch kann man bei einem solchen Rundgang immer neue Details entdecken.

Detail des Biebricher Schlosses (April 2008)
Detail des Biebricher Schlosses (April 2008)
Im Inneren der Rotunde des Biebricher Schlosses (Oktober 2007)
Im Inneren der Rotunde des Biebricher Schlosses (Oktober 2007)

Eine Besichtigung der Innenräume des Biebricher Schlosses ist nur im Rahmen einer Führung möglich. Diese werden regelmäßig vom Verschönerungs- und Verkehrsverein Biebrich sowie vom Kur- u. Verkehrsverein Wiesbaden angeboten. Allerdings sollte man wissen, dass in den Räumen des Schlosses aufgrund dessen wechselvoller Geschichte nur noch sehr wenig an die einstige barocke Pracht erinnert. Lediglich die bereits oben beschriebene Rotunde sowie einige Räume im Erdgeschoss und das Treppenhaus des Westflügels können noch einen Eindruck von der einst reichhaltigen Innenausstattung vermitteln. In diesem Treppenhaus befindet sich auch ein Gemälde der Fürstenfamilie Georg August Samuels.

Das Gemälde der Fürstenfamilie im Biebricher Schloss (September 2006)
Die westliche Galerie des Biebricher Schlosses (Oktober 2007)
Im Inneren des Biebricher Schlosses: die westliche Galerie (Oktober 2007) ...
... und das Gemälde der Fürstenfamilie Georg August Samuels im Treppenhaus des Westflügels (September 2006)